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Von A wie Aircondition bis Z wie Zufrieden - Resümee der letzten drei Monate Nach   fast   genau   drei   Monaten   beenden   wir   die   erste   Runde   im   Mittleren   Westen   der   USA.   Wir   beenden   sie   dort,   wo   wir   im Mai   begonnen   hatten   –   bei   Jan   und   Michelle   in   Montana.   Unser   etwas   angeschlagene   Wohnwagen   braucht   ein   paar Reparaturarbeiten.   Ingo   macht   sich   –   wie   könnte   es   anders   sein   –   sofort   nach   Ankunft   an   die   Arbeit.   Während   wir   noch den   ersten   Kaffee   schlürfen,   kriecht   er   bereits   unter   dem   Wohnwagen   umher.   Der   Anhänger   bekommt   nämlich   vier   neue Seitenstützen,   stabil   und   glänzend,   fast   so   schön   wie   die   neuen   Reifen   nach   der   Panne   in   Wyoming.   Die   Spuren   des kleinen   Dramas   sind   als   nächstes   dran.   Der   zerschlagene   Unterboden   von   der   Reifenpanne   will   geflickt,   geglättet   und   neu verschraubt   werden.   Und   weil   Ingo   nun   mal   Ingo   ist,   belässt   er   es   nicht   dabei.   Der   Fahrzeugrahmen   wird   entrostet   und frisch   bemalt,   fast   schon   liebevoll,   als   hätte   er   ein   Kunstwerk   vor   sich.   Immerhin   soll   der   Wert   des   Wohnwagens   erhalten bleiben, damit wir ihn irgendwann wieder gut verkaufen können. Doch   nicht   nur   der   Wohnwagen   bekommt   seine   Kur.   Auch   der   gute   alte   Ford   F150   darf   zum   grossen   Check   antreten. Stolze   150‘000   Meilen   –   das   sind   rund   241‘000   Kilometer   -   hat   er   auf   der   Uhr   und   somit   ist   es   Zeit   für   einen   Service. Ölwechsel,   Filter,   Bremen   –   das   volle   Programm.   Der   Wagen   schnurrt   danach   wie   ein   alter   Bär,   der   gerade   aus   dem Winterschlaf erwacht ist. Zwischen Schrauben, Schmieren und Streichen vergehen die Tage fast unbemerkt. Als   alle Arbeiten   erledigt   sind,   fahren   wir   zusammen   mit   Jan   und   Michelle   zur   Lochsa   Lodge   nach   Idaho.   Sie   liegt   lediglich zwei Autostunde   von   deren   Haus   entfernt,   abgeschieden   am   Highway   12.   Es   ist   einer   der   Orte,   die   auf   der   Landkarte   fast wie   ein   Zufall   aussehen.   Eine   rustikale   Blockhütten-Architektur   wie   aus   einem   alten Abenteuerroman,   umgeben   von   uriger Natur,   eingebettet   am   wilden   Ufer   des   Lochsa   Rivers.   Ein   echter   Highway-Retreat.   Tagsüber   baden   wir   unsere   Füsse   in heissen   Quellen,   die   direkt   aus   dem   Felsen   in   den   „Warm   Springs   Creek»   fliessen.   Am   Abenden   sitzen   wir   mit   Jan   und Michelle   auf   der   Veranda   der   Lochsa   Lodge,   hören   das   Rauschen   des   Flusses   und   beobachten,   wie   die   Sonne   hinter   den Bergen   verschwindet.   Hier   trifft   handfeste   „home-cooked“   Küche   auf   grosszügige   Portionen   und   lokale   Biere   aus   Idaho und   Montana.   Mit   einem   Glas   Weisswein   in   der   Hand   erzählen   wir   ein   paar   Anekdoten   aus   den   letzten   drei   Monate   „On the Road“. Hier unser dreimonatiges Resümee in Kurzform. A   wie   Airconditioning   –   immer   und   überall,   bis   zum   Gefrierpunkt   runtergekühlt.   Draussen   35   Grad,   drinnen   sibirische Temperaturen. Man trägt keine Pullover wegen des Wetters, sondern wegen der Klimaanlage. B  wie Barbecue – die Amerikaner können einfach grillen. Und wir haben gelernt: „Smoked“ ist hier eine Religion. C   wie   Coffee   to   go   –   am   liebsten   in   Bechern,   so   gross   wie   Blumenkübel.   Ohne   den   läuft   hier   gar   nichts.   Und   ohne   einen solchen in der Hand ist man eigentlich nackt. D    wie   Drive-Thru   –   von   der   Bank   bis   zur   Apotheke.   Wir   fragen   uns   langsam,   warum   es   noch   Türen   gibt,   wenn   man   doch alles durchs Autofenster regeln kann. E   wie   Eiswürfel   –   der   amerikanische   Fetisch.   Ein   Glas   Wasser   ohne   Eis?   Unvorstellbar.   Selbst   wenn   draussen   Schnee liegt, klirrt es im Becher. F   wie   Football   –   läuft   auf   überdimensionalen   Bildschirmen   an   jeder   Bar.   Was   «First   &   Ten»   bedeutet,   wissen   wir   allerdings immer noch nicht. G    wie   Grocery   Stores   –   gigantisch   wie   Fussballstadien,   oft   offen   rund   um   die   Uhr.   Tatsache   ist,   man   kann   sich   in   ihnen verirren.   Wenn   wir   uns   verlieren,   senden   wir   uns   Koordinaten   per   Whatsapp   zu   wie   z.B.   «Ich   stehe   zwischen   Regal   E17 und F13». H    wie   Highways   –   so   lang,   dass   man   den   Horizont   anstarrt   und   denkt:   «Ist   das   schon   die   Erdkrümmung   oder   nur   ein weiteres 100-Meilen Stück?» I   wie   Ice   Cream   –   in   Portionen,   die   bei   uns   als   Familienpackung   gelten   würden.   «One   scoop»   bedeutet   hier:   Mindestens drei Kugeln und ein halber Arm voll Toppings. J  wie Junk Food – es lauert an jeder Ecke und ist für uns Vegetarier herrlich uninteressant. K    wie   Kunstgalerien   –   Amerikaner   lieben   ihre   lokale   Kunstszene.   In   winzigen   Dorfateliers   und   hippen   Stadtgalerien präsentieren   regionale   Künstler   ihre   verrückten   Ideen.   Von   Vogelhäuschen   aus   alten   Cowboystiefeln   bis   hin   zu   Skulpturen in schrillen Farben. Echt inspirierend! L     wie    Laundry    –    Waschsalons    sind    kleine    soziale    Treffpunkte.    Hier    führen    wir    erstaunlich    gute    Gespräche    mit Grossmüttern, Backpackern und Truckern während alle gleichzeitig ihre Socken waschen. M    wie   Meilen   –   8’000   sind   wir   inzwischen   gefahren,   12’875   Kilometer.   Das   entspricht   in   etwa   der   Strecke   vom   Nordkap nach Marokko und zurück. N  wie Nationalparks – Orte, an denen man sich klein fühlt, einfach weil die Natur hier ihren grossen Auftritt hat. O   wie   Outdoor   –   Wandern,   Radfahren,   Klettern   oder   einfach   nur   auf   einem   Hügel   sitzen   und   die   Aussicht   geniessen.   Die Amerikaner lieben es, draussen aktiv zu sein. Wir übrigens auch. P    wie   Pick-up   Trucks   –   das   eigentliche   Nationaltier   der   USA.   Gefühlt   jedes   zweite   Auto   ist   einer.   Manche   Trucks   sind   so gross, dass man eine Leiter zum Einsteigen braucht. Q      wie     Quarter     –     die     kleine     25-Cent-Münze,     unser     treuer     Begleiter.     Bei     jeder     Waschmaschine     und     vielen Parkplatzautomaten unbedingt notwendig. Sie ist gold wert. R    wie   Rest Areas   –   Oasen   an   langen,   einsamen   Interstates.   Hier   gibt   es   sehr   saubere Toiletten,   Picknicktische   und   andere Reisende. Einmal hat uns ein alter Mann sein ganzes Leben in 20 Minuten erzählt. S    wie   Smiles   Amerikaner   lächeln   einfach   immer. An   der   Kasse,   beim   Smalltalk,   sogar   wenn   sie   dir   die   falsche   Richtung erklären. Erst ungewohnt, dann irgendwie ansteckend. T     wie    Tips    –    Trinkgeld    ist    hier    heilig.    Man    hat    die    Wahl    zwischen    20%,    25%    oder    30    %.    Sogar    bei    Selfservice. Gewöhnungsbedürftig. U   wie   Unlimited   Refills   –   egal   ob   Kaffee,   Cola   oder   Eistee.   Ein   Paradies   für   Vieltrinkter.   Man   ist   sozusagen   auf   Lebzeiten mit Flüssigkeit versorgt. V   wie   Vans   und   RVs   –   ganze   Heerscharen   von   rollenden   Häusern   durchqueren   das   Land.   Manche   sind   so   gross,   dass   wir uns fragen, warum man sie nicht gleich mit einer Postleitzahl versieht. W     wie    Way   Too    Much    Stuff    –    Es    ist    erstaunlich,    was    amerikanische    Familien    so    alles    an    Gepäck    beim    Camping mitbringen. Stühle, Tische, Grill, Pavillon, Lichterketten. Okay, wir haben definitiv zu wenig dabei. X    wie   XL   –   egal   ob   Getränke,   Burger   oder   Pizza.   Hier   ist   alles   mindestens   eine   Nummer   grösser.   Und   oft   auch   die Menschen selbst. Y   wie   Yes   Sir!   –   diese   höfliche,   manchmal   fast   übertrieben   freundliche   Art,   mit   der   man   angesprochen   wird.   Man(n)   fühlt sich ständig wie ein VIP, selbst wenn er nur ein Päckchen Kaugummis kauft.  Z wie zufrieden – das ist unser Gefühl am Ende der drei Monate - einfach zufrieden… Von der Lochsa Lodge aus geht es für uns weiter Richtung Westen in den Bundesstaat Washington. Der North-Cascade- Nationalpark kurz nach der Staatsgrenze von Idaho kommt wie ein wildes Abenteuerbuch daher. Er fühlt sich an, als hätte jemand die Alpen, Skandinavien und ein bisschen Kanada in einen riesigen Mixer geworfen – und North Cascades daraus gemacht.
Weitere Fotos von diesem Reiseabschnitt
North Cascade National Park, Blue Lake
Idaho
Montana
Washington
Ganz   besonders   angetan   hat   es   uns   der   Diablo   Lake.   Er   glitzert   türkisfarben   in   der   Sonne,   als   ob   der   Himmel   ein   Stück seiner   Farbe   verloren   und   hier   unten   im   See   deponiert   hätte.   Wir   sitzen   auf   einem   Felsvorsprung   am   Aussichtspunkt, essen   unsere   mitgebrachten   Snacks   und   diskutieren   ernsthaft,   ob   man   hier   oben   wohnen   könnte.   Nur   mit   dieser Aussicht, unseren Wanderstiefeln und einem unerschöpflichen Vorrat an Coffee-to-go in XXL-Bechern.
North Cascade National Park, Diablo Lake
Palouse Falls State Park
Weidenbockkäfer