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Wetter   Sonne, Wolken und Regen Temperaturen: Tag: 16 Grad Nacht: 12 Grad
Alles hat ein Ende Der   Nebel   stört.   Er   wird   uns   aufgezwungen   und   ist   dabei   auch   noch   so   furchtbar   unoriginell,   unbeweglich   und   unnötig. Und    das,    obwohl    wir    alles    richtig    machen.    Wir    starten    früh    in    den    Tag.    Wir    warten    ein    Zeitfenster    mit    guter Wettervorhersage   ab.   Wir   wählen   kein   Wochenende   für   die   Wanderung,   sondern   einen   Wochentag.   Wir   sind   fit   und ausgeruht für die 500 felsigen Höhenmeter. Doch der Preikestolen will sich uns einfach nicht zeigen. Wir   hätte   den   Predigerstuhl,   wie   der   Felsvorsprung   übersetzt   heisst,   so   gerne   in   der   Morgensonne   bewundert,   während wir   an   einem   der   berühmtesten   Aussichtspunkte   der   Welt   stehen.   Wir   hätten   dem   spektakulären   Fotomotiv   auf   der   Nikon Speicherkarte   und   in   unserer   Erinnerung   liebend   gerne   einen   festen   Platz   gegeben.   Doch   der   Predigerstuhl   bleibt   im kompromisslosen Konjunktiv in Nebel gehüllt. Wir   können   nur   erahnen,   wie   es   hier   bei   schönem   Wetter   wohl   aussehen   mag,   wenn   die   604   Meter   hohe   Felskante senkrecht   in   den   Lysefjord   abfällt.   Von   Bildern   kennen   wir   das   Plateau,   von   dem   man   meinen   könnte,   es   sei   mit   einem Messer   herausgeschnitten.   Das   rechtwinkelige   Rissmuster   ist   deutlich   zu   erkennen.   Wahrscheinlich   entstand   die   rund 25x25   Meter   grosse   Felsplatte   vor   10´000   Jahren.   Gefrierendes   Wasser   in   Felsritzen   und   Felsspalten   sorgten   durch Frostsprengung   dafür,   dass   sich   grosse,   kantige   Felsblöcke   vom   eigentlichen   Felsen   ablösten   und   in   den   tiefliegenden Lysefjord stürzten. Und   so   treten   wir   nach   etwas   Smalltalk   mit   anderen   Wanderern   erfolglos   den   Rückweg   an.   Durch   Nebelschwaden   und Nieselregen. Petrus ist offensichtlich anderweitig beschäftigt.
Und   nach   den   vielen   Wochen   im   langgestreckten   Norwegen   mit   zahllosen   Bergen,   Seen   und   Fjorden   haben   wir   Lust,   das Land   zu   wechseln.   Je   weiter   wir   Richtung   dänische   Grenze   kommen,   desto   flacher   wird   es.   Eine   dreistündige   Fährfahrt bringt   uns   von   Kristiansand   nach   Hirtshals   in   Dänemark.   Hierfür   ist   zum   zweiten   Mal   auf   unserer   Reise   ein   negatives Corona-Testergebnis vorzuweisen. Es geht ganz einfach. Zusammen   mit   der   Onlinebuchung   für   die   Fährtickets   können   wir   zeitgleich   einen   Slot   für   die   Coronatestung   reservieren. Diese   findet   zwei   Stunden   vor Abfahrt   in   einem   grossen   weissen   Zelt   neben   dem   Fähranleger   statt.   Wir   werden   von   einem Arzt   mit   asiatischen   Gesichtszügen   und   ebensolchem   Nachnamen   erwartet.   Alles   an   ihm   verschwindet   hinter   einem übergrossen,   weissen   Schutzanzug   aus   Plastik.   Nur   seine   Augen   sind   unverhüllt   und   es   fühlt   sich   mehr   als   befremdlich an, als er mit langen Wattestäbchen auf uns zukommt. Der   NasenEINGANGSabstrich   ist   schnell   erledigt.   Ich   nenne   ihn   bewusst   so,   denn   der   Doc   führte   das   Stäbchen   kaum   ins Innere   unserer   Nasen. Als   Ingo   und   ich   in   den   Wartebereich   geschickt   werden,   sage   ich   zu   ihm:   «Wenn   hier   auch   nur   ein Fitzelchen   eines   Coronavirus   gefunden   wird,   heisse   ich   ab   heute   Kunigunde!»   Für   mich   fühlt   sich   alles   nach   grosser   Show an,   doch   leider   müssen   auch   wir   uns   diesem   Schauspiel   hingeben.   Wie   erwartet   kommt   nach   4   Minuten   der   verhüllte Doktor   höchstpersönlich,   um   uns   mitzuteilen,   dass   unser   Testergebnis   erfreulicherweise   negativ   ausgefallen   ist.   Also   nix mit Kunigunde!
Dänemark   ist   grossartig   und   das   erste   was   wir   in   diesem   Land   tun,   ist   einen   Schalter   umlegen   -   die Aktivierung   für Allrad. Ohne   erwähnenswerte   Umwege   fahren   wir   mit   unserem   Sprinter   auf   einen   der   vielen,   breiten Autostrände   in   der   Nähe   von Løkken   und   freuen   uns   über   den   hellblauen   Horizont,   den   Salzgeruch   in   der   Luft   und   über   die   Weite,   die   nur   Dänemarks Strände   bieten   kann.   Kein   Timmendorf,   Sylt   oder   Usedom   ist   je   in   die   Nähe   der   Coolness   gekommen,   die   dieser Fahrspass    am    Beach    bietet.    Obwohl    einheitlich    30    km/h    als   Tempolimit    an    den    Stränden    gilt,    verströmen    sie    jene Sprezzatura,   die   die   Einschränkung   als   freie   Entscheidung   wirken   lässt,   das   Mühevolle   mühelos   erscheinen   lässt.   Die Strände   sind   eine   quirlige   Zone,   aber   vor   allem   eine   Botschaft   masslosen   Vergnügens   und   rotziger   Lässigkeit.   Ein   pures «Aloha»-Gefühl.
Und   genau   mit   diesem   expliziten   Schlagrahm-Zuckerguss   beenden   wir   unser   Skandinavien   Abenteuer.   Um   das   Ende   zu unterstreichen,   buchen   wir   ein   kleines   Haus   am   Henne   Strand   und   bereiten   uns   auf   unsere   sesshafte   Zukunft   vor.   Dies   in einer   richtigen   Wohnstube   mit   bequemer   Couch,   riesengrossem   Flachbildschirm,   auf   dem   sogar   Netflix   läuft,   während   wir die   Füsse   auf   den   Tisch   legen.   Spülmaschine,   Backofen,   Waschmaschine   -   ich   hätte   nie   gedacht,   dass   solche   Geräte eines   Tages   so   unvorstellbar   sexy   sein   können.   Danke   für   fünf   Monate   Minimalismus,   Unkontrollierbarkeit,   Ungewissheit, Rebranding, Philosophie und Persönlichkeitsentwicklung. Wir sind bereit für den nächsten Schritt.
1.5-Minuten-Video (180MB) Norwegisches Jostedalsbreen und Dänemarks Nordwest Strände
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