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Stairway to Heaven Nachdem    wir    das    Nordkap    hinter    uns    gelassen    haben    und    nun    wieder    Richtung    Süden    reisen,    hat    sich    etwas Entscheidendes   verändert:   das   Tempo.   Wir   sind   in   der   Langsamkeit   zweier   Schnecken   unterwegs   und   verbringen   viel   Zeit an der gleichen Stelle mit Wandern, Joggen, Lesen, Essen und Glücklichsein. Wie   so   oft   auf   vergangenen   Reisen   wurden   mir   die   infektiöse   Art   des   quirligen   Lebens   zu   viel.   Zu   wechselhaft.   Zu eindrücklich.   Mein   vegetatives   Nervensystem   war   am   Schluss   ziemlich   launisch   und   forderte   lautstark   nach   einer   Pause   und    zwar    subito.    Und    hier    ist    sie.    Aus    diesem    Grund    gibt    es    nicht    viel    Spektakuläres    zu    berichten.    Ausser    von Wanderungen    mit    Blick    in    die    Unendlichkeit    Skandinaviens,    von    denen    man    meinen    könnte,    sie    seien    aus    einem Hochglanzprospekt für Reisebüros entsprungen. Glanz und Glamour in jede Richtung. Mit   Blick   auf   Ozean   und   hustenbonbon-blauen   Horizont   joggen   wir   auf   der   beschaulichen   Insel   Vega   entlang   der   felsigen Küstenlinie.    Das    anschliessende    Frühstück    am    Strand    ist    mit    einem    lüsternen    Pfeifkonzert    der   Austernfischervögel untermalt.   Laut   fordernd   kreisen   die   schwarz-weissen   Vögel   mit   den   auffälligen   roten   Schnäbeln   über   unsere   Köpfe,   ganz nach    dem    Motto:    «mehr    ist    mehr».    Das    Zürcher    Opernhaus    tät    sich    sowas    von    freuen    über    die    formvollendete Klangqualität   des   federnden   Komplotts.   Unsere   Reise   hat   sich   in   Urlaub   gewandelt.   Karamellpudding   statt   Low-Carb-Diät. Bohemian Rhapsody statt Sonntagmorgen Gottesdienst. Zusammen   mit   den   über   6´500   kleinen   Inseln   und   Felsklippen bildet   die   Insel   Vega   den   Vega-Archipel,   der   zum   UNESCO- Welterbe   zählt.   Die   Bewohner   haben   an   der   westlichen   Küste eine   wunderschöne   Treppe   gebaut.   Fast   2´000   Stufen   führen hinauf   auf   den   Berg   Ravnfloget.   Jede   einzelne   Stufe   wurde durch   eine   andere   Person   finanziert,   deutlich   gemacht   durch Namensschilder    aus    Messing.    Beinahe    verliert    man    beim Aufstieg   die   Konzentration,   so   sehr   ist   man   mit   dem   Lesen   der verschiedenen Gönnernamen beschäftigt. Das   ist   Fitness,   wie   wir   es   lieben.   Unter   freiem   Himmel,   mit Sonne   und   Nordwind   stellt   es   einen   ziemlichen   Kontrast   dar   zu den   hüftsteifen   Fitnessketten,   die   Namen   tragen   wie   McFit,   Mrs. Sporty       und       Fitness       Plus.       Hier       braucht       es       kein Marketinginstrument,   mit   dem   die   Bäuche   der   sentimentalen Bio-Mittelschicht     gepinselt     werden.     Im     rotwangigen     Elan stapfen    wir    dem    Plateau    entgegen,    schwitzend,    schnaufend und unästhetisch. Genau wie alle anderen Bergwanderer auch.