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Eingetaucht Als   wir   am   Nachmittag   im   Sonfjällets   Nationalpark   ankommen,   dem   letzten   der   drei   beieinander   liegenden   Parks,   besteigen wir   noch   rasch   den   gleichnamigen   Berg,   um   die   grandiose   Aussicht   in   Richtung   Norden   zu   bewundern.   Von   hier   aus   sind   es noch    740    km    bis    zum    nördlichen    Polarkreis    und    fast    scheint    es,    man    könne    den    Breitengrad    bereits    greifen.    Die charakteristisch   majestätische   Silhouette   des   Berges   ist   fast   überall   im   Park   präsent   und   ragt   über   die   Wälder   des   zentralen Tals   Härjedalen.   Der   Park   gilt   als   ein   wichtiger   Rückzugsort   für   Bären,   Elche   und   Luchse   in   Skandinavien.   Ungewöhnlich deutliche   und   gut   erhaltene   geologische   Formen   verleihen   der   Landschaft   ihren   besonderen   Charakter.   Riesige   Felsblöcke zeigen regelmässige Muster, sogenannte Steinringe, die die Kräfte des Schmelzwassers nach der Eiszeit erahnen lassen. 
Am   nächsten   Morgen   starten   wir   zeitig   zu   einer   12   km   langen   Wanderrunde,   die   laut   aushängender   Wanderkarte   den   Zugang zum   westlichen   Teil   des   Parkes   erschliesst.   Bereits   der   Einstieg   zum   Wanderweg   ist   matschig   und   glitschig   und   die   kleinen Bäche   bilden   allerlei   Abzweigungen   und   Seitenarme,   um   die   Wassermassen   zu   transportieren.   Später   werden   wir   wissen, dass   dieser   Bereich   der   beste   und   zugänglichste   der   gesamten   Wanderung   ist.   Es   ist   ein   ungeschriebenes   Gesetz,   dass Schwierigkeiten   auf   Wanderungen   nie,   aber   auch   wirklich   niemals,   am   Anfang   oder   am   Ende   auftauchen.   Erst   wenn   man genauso   weit   vom   Startpunkt   und   Ziel   entfernt   ist,   also   genau   in   der   Mitte,   tun   sich   die   grössten   Probleme   auf.   So   auch   bei uns. Wir sind zwischenzeitlich genau bei der Hälfte angekommen, also vom Einstieg maximal weit entfernt. Die   letzten   drei   Stunden   wanderten   wir   durch   einen   Märchenwald,   der   feucht   und   satt   in   Grün-   und   Brauntönen   nur   so   vor Fülle   strotzte.   Der   Weg   ist   schmal   –   eigentlich   ist   es   nur   ein   schlechter Trampfelpfad   -   und   Meter   für   Meter   wird   der   Untergrund nasser   und   schlammiger.   Viele   Bäche   sind   über   ihre   Ufer   getreten   und   überfluten   weite   Teile   der   Waldflächen.   In   ausladenden Umwegen   laufen   wir   um   umgekippte   Baumriesen,   die   uns   das   Weiterkommen   erschweren.   Deren   einstige   Mächtigkeit   können wir   erahnen,   während   wir   immer   wieder   bis   zu   den   Knöcheln   im   Wasser   landen.   An   moosbedeckten   Stellen   sinken   wir teilweise   bis   zu   den   Waden   in   den   feuchten   Untergrund.   Unsere   Wanderschuhe   haben   sich   längst   in   quietschende   und quatschende    Gummistiefel    verwandelt,    mit    denen    wir    über    die    rutschigen,    moosig-grünen    Baumstämme    und    Steine balancieren.   Tschupp.   Tschapp.   Tschupp.   Tschapp.   Die   Wanderung   ist   zu   einer   einzigen   Katastrophe   mutiert.   Es   scheint   hier reichlich   geregnet   zu   haben   die   letzten   Tage   und   genau   das   bestätigt   uns   am   Abend   die   junge   Campingplatzbesitzerin:   «So viel   wie   noch   nie   zuvor.»   Nach   5   Stunden   erreichen   wir   den   Parkplatz,   völlig   durchnässt,   unsere   Stimmung   auf   einem Tiefpunkt angelangt. Und wenn ich ehrlich bin: Es ist MEINE Stimmung, die im Keller ist. Erst    nach    einer    heissen    Dusche    und    einigen    Dehnübungen    hebt    sich    meine    Laune    wieder    etwas.    Während    Ingo    den Nachmittag   dösend   im   Dachzelt   verbringt,   widme   ich   meine Aufmerksamkeit   meinem   körperlichen   Wohlergehen   und   hole   das Nutellaglas   aus   der   Vorratsschublade.   Ingo   bat   mich   beim   letzten   Einkauf,   Schokocreme   mitzubringen.   Und   obwohl   ich   zuerst dagegen   protestierte,   habe   ich   mich   letztendlich   seinem   Willen   gebeugt   und   ein   Glas   Nutella   gekauft.   Dies   zum   guten   Glück, denn   ebendies   steht   jetzt   vor   mir   als   gefährliche   Mischung   aus   Fett   und   Zucker.   In   regelmässigen,   andächtigen   Bewegungen taucht   mein   Löffel   in   die   klebrigen   Tiefen   des   Glases,   um   grosse   Berge   der   braunen   Masse   heraufzubefördern.   Es   ist   der grösste   unserer   vier   Esslöffel,   der   seinen   Weg   vom   Nutellaglas   zu   meinem   Schlund   findet   und   es   ist   gleichzeitig   der   Beginn eines sich verändernden Wohlgefühls. Zucker ist ja, kurzfristig gesehen, immer die beste Lösung. «Ein   halbes   Glas?»   Ingos   blaue Augen   sind   weit   aufgerissen,   als   er   entsetzt   den   Schraubdeckel   des   Nutellaglases   anhebt.   Ich habe   ihm   kurz   vorher   von   meiner   Nachmittagsbeschäftigung   erzählt.   Ob   sein   Entsetzen   gespielt   oder   real   ist,   weiss   ich   nicht. Und   eigentlich   ist   es   auch   egal.   Mir   selbst   gelingt   es,   die   süsse   Orgie   unter   dem   imaginären   Ordner   «Unperfekte   kulinarische Ausrutscher» abzulegen. Es gibt Triebe und Gelüste, die sind so charmant effizient, dass man ihnen einfach folgen muss!
Weg zum Sönfjällets Nationalpark
Beifahrersitzyoga