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Der ferne Osten Russlands Vom   Westen   aus   gesehen   hört   Sibirien   kurz   nach   dem   Baikalsee   auf.   Das   Gebiet   von   dort   aus   bis   an   den   Pazifik   wird   der ferne   Osten   Russlands   genannt.   Dies   ist   das   letzte   Stück   Russlands   welches   wir   noch   auf   dem   Weg   nach   Wladiwostok durchfahren dürfen. Gleich   nach   der   mongolisch-russischen   Grenze   in   Kjachta   biegen   wir   nach   Osten   ab.   Wir   verlassen   die   Hauptroute   und wählen   eine   kleinere   Nebenstrecke.   Diese   führt   uns   über   200   km   zurück   auf   die   russische   Ost-West   Verbindung   nach Wladiwostok.   Uns   begegnen   nur   sehr   wenige   Fahrzeuge   und   es   gibt   an   dieser   Nebenstrecke   kaum   Dörfer.   Die   Strasse verändert    fortwährend    ihr    aussehen.    Mal    ist    sie    sehr    gut    zu    befahren    und    kurze    Zeit    später    wird    sie    zu    einer    üblen Schlaglochpiste und manchmal zu einer Schotterpiste. Nichtsdestoweniger geniessen wir die Einsamkeit.
Die   Dörfer   in   ganz   Russland   sehen   meistens   sehr   ähnlich   aus.   Die   Strassen   im   Dorf   sind   nur   sehr   selten   geteert   und   sind   je nach   Wetterlage   eine   Staub-   oder   Schlammpiste.   Die   Häuser   und   Grundstücke   sind   überwiegend   mit   einem   zwei   Meter   hohen Zaun umgeben. Zu jedem Haus gehört eigentlich ein grösserer Garten zur Selbstversorgung mit Obst und Gemüse.
Auf    der    Hauptroute    suchen    wir    heute    frühzeitig    nach    einer    Unterkunft.    Wir    folgen    den    spärlichen    Hinweisen    von    der Internetplattform   „booking.com“   und   den   Angaben   für   Unterkünfte   auf   unseren   Navis.   Wir   landen   in   kleinen   Städten,   die   von der   Industrie   vergangener   Zeiten   geprägt   und   wenig   ansprechend   sind.   Meine   Vermutung   ist,   dass   die   Selbstmordraten   hier sehr   hoch   sein   müssen.   Aber   wo   wir   auch   schauen,   die   angegebenen   Unterkünfte   sind   entweder   nicht   zu   finden   oder geschlossen. Beim Tanken   hält   ein   Fahrzeug   mit   leicht   angetrunkenen   Russen,   die   von   unseren   Motorrädern   so   begeistert   sind,   dass   sie   mir ihre   Kreditkarte   in   die   Hand   drücken   wollen,   damit   sie   das   Benzin   für   uns   bezahlen   können. Als   ich   ablehne,   schenken   sie   uns jedem eine Dose Bier und mit einem „до свидания“ also einem „Auf Wiedersehen“ brausen sie davon. Wir   entschliessen   uns,   wieder   einmal   wild   zu   zelten.   Aber   auch   dies   ist   nicht   von   Erfolg   gekrönt.   Viele   Seitenwege,   an   denen wir   einen   Platz   für   unsere   Zelte   suchen,   sind   entweder   sumpfig,   viel   zu   uneben   oder   es   erwartet   uns   eine   Armee   von 1´456´376   Mücken   mit   ihren   angespitzen   und   uns   zugewandten   Stacheln.   Wir   fahren   so   weiter   und   weiter   und   gegen   halb zehn   am   Abend   finden   wir   an   einem   Rastplatz   eine   Unterkunft   für   LKW   Fahrer.   Es   gibt   nur   noch   ein   Minizimmer   mit   zwei Einzelbetten, das Murray und ich uns teilen. Die Motorräder parken wir neben den LKWs. Am   nächsten   Morgen   fahren   wir   nach   Chita   dem   vorerst   letzten   grösseren   Ort.   Von   hier   aus   sind   es   2100   km   zur   nächsten Stadt   im   Osten.   Dazwischen   liegen   nur   ganz   vereinzelt   spärliche   Dörfer   oder   sehr   kleine   Ortschaften.   Wir   werden   nun   Etappen von 600 bis 700 km fahren. Die    erlaubten    Höchstgeschwindigkeiten    in    Städten    liegt    meistens    bei    40    bis    60    km/h    und    Überland    beträgt    die Höchstgeschwindigkeit   90   km/h.   Wir   fahren   auf   den   Landstrassen   meistens   100   km/h.   In   den   Dörfern   und   an   Baustellen   ist   die Geschwindigkeit   entsprechend   zu   drosseln.   Wir   erreichen   so   einen   Durchschnitt   von   ca.   70   km/h.   Seit   dem   Uralgebirge,   also im   asiatischen   Teil   Russlands,   hat   der   Verkehr   merklich   abgenommen.   Und   hier   im   fernen   Osten   ist   noch   weniger   Verkehr,   so dass nur alle paar Minuten ein Fahrzeug entgegen kommt. Das Fahren ist also sehr angenehm. Stoppen   wir   jedoch   für   eine   Pause,   so   werden   wir   oft   von   riesigen   Fliegen   bedrängt   oder   an   anderen   Orten   von   Millionen   von Minifliegen.   Ich   habe   das   Gefühl,   mit   jedem   Atemzug   bleiben   5-10   von   diesen   kleinen   Dingern   in   meiner   Lunge   hängen.   Die Motorräder sind von Insekten zugekleistert und mein Visier muss ich jede Stunde reinigen.
Nur noch 1971 km zur nächsten grösseren Stadt mit dem Namen Chabarowsk.
Murrays Motorrad braucht Benzin und für diesen Fall sind zwei kleine Benzinkanister an der Honda befestigt.
Die   letzten   Tage   waren   unsere   Unterkünfte   sehr   bescheiden   und   der   Wohlfühlfaktor   kam   zu   kurz.   Daher   entscheiden   wir   uns, einen   Umweg   über   Blagoweschtschensk   zu   fahren.   Dies   ist   eine   Stadt   direkt   an   der   Grenze   zu   China   und   nur   der   Fluss Amur trennt   die   beiden   Länder.   Wir   bekommen   Zimmer   im   Businesshotel   Gloria   und   die   Motorräder   können   wir   in   der   hoteleigenen Garage   parken.   Wir   geniessen   es,   in   einer   staubfreien   Stadt   zu   sein,   bei   der   die   Gehsteige   gepflastert   sind   und   es   eine   sehr schöne Promenade an der Amur gibt. Von dort aus können wir über den Fluss die chinesische Stadt Heihe sehen.
Von   hier   aus   sind   es   noch   760   km   bis   nach   Wladiwostok.   Kurz   vor   Wladiwostok   werden   wir   von   einem   laut   hupenden   weissen Auto   überholt.   Der   Beifahrer   streckt   die   Hand   mit   dem   nach   oben   gerichteten   Daumen   anerkennend   aus   dem   Fenster.   Erst jetzt   wird   mir   so   richtig   bewusst,   dass   wir   es   fast   geschafft   und   unser   wichtigstes   Etappenziel   Wladiwostok   erreicht   haben.   Mit feuchten Augen realisiere ich, dass wir nun fast 15´000 km gefahren sind, um hier anzukommen. In den nächsten Tagen geht es nun darum, die Motorrad-Verschiffung und unsere eigene Weiterreise zu organisieren.
Begegnung mit dem russischen Pärchen Vic und Dan.